Räumung eines überfüllten Zugs in Riesa- die Kehrseite des 9€-Tickets

Ziel des 9€-Tickets war es, die Attraktivität des ÖPNV zu erhöhen und somit mehr Menschen zur Nutzung von Zügen zu motivieren. Ob die finanzielle Entlastung für ein paar Monate tatsächlich längerfristig mehr Menschen zum ÖPNV führt, ist fragwürdig. Jetzt ist aber der Extremfall passiert: Ein Zug von Leipzig nach Dresden war so überfüllt, dass er geräumt werden musste.

Die Menschen standen und häuften sich im Zug, quetschten sich zusammen, sogar in den Gängen und im Türbereich. Eine Durchsage informierte die Passagiere, dass der Zug nicht weiterfahren würde, wenn nicht einige Fahrgäste ausstiegen. Als diesem Aufruf nicht nachgekommen wurde, gingen die Zugbegleiter durch die Waggons und forderten alle Passagiere auf, den maßlos überfüllten Zug zu verlassen. Als sich einige weigerten, sollte auch die Bundespolizei gerufen werden. Diese kam aber nicht aufgrund eines Brandes, bei dem die Kräfte benötigt wurden.

Nachdem alle Passagiere in Riesa ausgestiegen sind, wurde versucht, den Zug wieder zu füllen, ohne die maximale Auslastung zu überschreiten. So sollten erst Rollstuhlfahrer, Fahrradfahrer und Gruppen, wie Schulklassen, den Zug wieder betreten. Viele frustrierte Menschen, die nicht zu diesen Gruppen gehörten, versuchten den Zug wieder zu betreten- was wieder zu einem komplett überfüllten Zug führte.

Die Alternative, die den Reisenden vorgeschlagen wurde, war ein Umstieg auf einen verspäteten IC- wenn man dafür ein neues Ticket kaufte. Zwar löste das die Probleme einiger Reisende, aber eine Schulklasse, die an dem Tag unterwegs war, konnte nicht auf diese Möglichkeit ausweichen. Die Lehrer hätten für 14 Kinder Fahrkarten kaufen müssen, was nicht zumutbar gewesen wäre.

Um die Situation noch absurder zu machen: Zirka fünf Minuten nach Abfahrt des Regionalexpress kam ein weiterer Regionalzug an, der in die gleiche Richtung fuhr. Ein Beweis des kompletten Mismanagements der Bahn. Viele Gäste fragten sich, warum man ihnen nicht mitgeteilt hat, dass ein weiterer Zug Richtung Leipzig fahren würde- somit wäre eine Überfüllung verhindert worden.

Die Bahn rechtfertigt ihre Handlungsweise, auch wenn sie zugibt, die Situation nicht optimal gehändelt zu haben. „Wir arbeiten kontinuierlich an einer Verbesserung der Reiseinformationen und der Betriebsabläufe.“, teilte eine Sprecherin des Unternehmens mit.

Das ist ein kleiner Trost für alle Reisenden, die an dem Tag unterwegs waren. Mit der Einführung des 9€-Tickets hätte man mit starken Auslastungen der Bahnen rechnen und präventive Maßnahmen ergreifen sollen. Dieser unsachgemäße Umgang mit der Situation hätte in diesem Ausmaß erst gar nicht passieren dürfen. Anstelle den ÖPNV, so wie er jetzt ist, an seine maximalen Kapazitäten zu stoßen, zum Leid aller Beteiligten, sollte mehr in Pünktlichkeit, Verlässlichkeit und Regelmäßigkeit der Züge investiert werden. Dies sind die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, wenn man den ÖPNV längerfristig für Reisende- insbesondere für diejenigen, die nicht aktiv Bahnfahrer sind- attraktiver gestalten will.

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